Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson – Entspannung durch gezielte Anspannung
In einer Welt, die immer schneller wird und in der Stress allgegenwärtig scheint, sehnen sich viele Menschen nach einfachen, wirksamen Methoden zur Entspannung. Eine dieser Methoden ist die Progressive Muskelrelaxation (PMR), ein bewährtes Entspannungsverfahren, das bereits 1929 vom amerikanischen Arzt und Physiologen Dr. Edmund Jacobson entwickelt wurde.
Was ist Progressive Muskelrelaxation?
Die PMR basiert auf einem einfachen Prinzip: gezieltes Anspannen und bewusstes Entspannen einzelner Muskelgruppen. Durch diesen Wechsel wird das Körperbewusstsein geschult und der Unterschied zwischen Spannung und Entspannung erlebbar gemacht. Ziel ist es, muskuläre Spannungszustände frühzeitig wahrzunehmen und eigenständig zu lösen – ganz ohne Suggestion oder äußere Hilfsmittel.
Wer war Edmund Jacobson?
Jacobson wurde 1888 in Chicago geboren und forschte früh an der Harvard University zum Zusammenhang von psychischer Belastung und Muskelspannung. Seine Erkenntnis: Seelische Erregung, Angst und Stress gehen stets mit erhöhter Muskelanspannung einher – und umgekehrt kann Muskelentspannung zur seelischen Beruhigung führen.
Nach zwanzig Jahren Forschung veröffentlichte er 1934 sein Buch „You must relax“, das 1990 unter dem Titel „Entspannung als Therapie“ auf Deutsch erschien.
Wie wirkt PMR?
Die positiven Effekte der PMR sind vielfältig:
- Tiefe körperliche und geistige Entspannung
- Senkung von Angst und Stress
- Verbesserung von Konzentration und Schlaf
- Unterstützung bei zahlreichen psychosomatischen Beschwerden
PMR kann sowohl therapeutisch als auch präventiv eingesetzt werden – etwa bei Spannungskopfschmerzen, Reizdarm, Bluthochdruck, Tinnitus, Angstzuständen oder Migräne.
Für wen ist PMR geeignet?
Die Methode ist besonders gut für Menschen geeignet, die mit rein mentalen Entspannungsverfahren (z. B. Autogenem Training) nicht zurechtkommen. Da PMR nicht auf Vorstellungskraft, sondern auf körperliches Spüren setzt, fällt vielen der Zugang leichter. Besonders geeignet ist PMR für Menschen, die aktiv etwas für ihre Gesundheit tun wollen.
Wie läuft eine PMR-Sitzung ab?
Eine klassische PMR-Sitzung gliedert sich in drei Phasen:
- Einleitung – Ankommen, Körperhaltung finden, erste Konzentration.
- Hauptteil – Nacheinander werden verschiedene Muskelgruppen angespannt (ca. 7–12 Sekunden) und dann plötzlich losgelassen. Es folgen bewusste Ruhephasen zur Wahrnehmung der Entspannung.
- Ausklang – Rückkehr in den Alltag, Mobilisierung des Körpers.
Geübt wird entweder im Sitzen oder im Liegen – idealerweise täglich für etwa 10 bis 30 Minuten. Im Verlauf eines Kurses kann die Übungsdauer durch Reduktion der Muskelgruppen (z. B. von 14 auf 7 oder 4) verringert werden, ohne an Wirksamkeit zu verlieren.
Praktische Tipps zur Durchführung
- Eine ruhige Umgebung mit bequemer Kleidung ist hilfreich.
- Entspannungsmusik oder Decken können unterstützend wirken.
- Wichtig ist, nicht zu verkrampfen, sondern mit sanfter, gleichmäßiger Kraft zu arbeiten.
- Das Loslassen erfolgt bewusst und plötzlich auf ein Signalwort, meist „Jetzt“.
Was ist zu beachten?
Trotz der hohen Sicherheit gibt es einige Kontraindikationen, z. B.:
- Akute Psychosen
- Fieberhafte Entzündungen
- Frische Wunden oder akute Schmerzsyndrome (je nach Ausprägung)
Bei Unsicherheiten sollte vorher eine ärztliche oder heilpraktische Abklärung erfolgen.
PMR im Alltag
Das langfristige Ziel der PMR ist es, den Entspannungszustand ohne reale Muskelanspannung durch reine Vorstellung zu erreichen – z. B. im Wartezimmer, im Büro oder in der Straßenbahn. Diese Fähigkeit der „Vergegenwärtigung“ entsteht durch regelmäßiges Üben.
Die Progressive Muskelrelaxation ist eine einfache, wirksame und wissenschaftlich fundierte Methode zur Stressreduktion und Förderung der inneren Balance. Ob im therapeutischen Kontext oder als tägliches Ritual zur Gesundheitsförderung – PMR ist für viele Menschen ein wertvoller Begleiter auf dem Weg zu mehr Ruhe, Konzentration und Wohlbefinden.

