Über Jahrtausende stand der Harn im Mittelpunkt der medizinischen Diagnostik. Er wurde auf Farbe, Menge, Geruch, Geschmack und Trübung überprüft. Zusätzlich mit verschiedenen Reagenzien vermischt oder aufgekocht, wurde er anschließend einer Prüfung unterzogen. Durch diese Art der Untersuchung kam auch der Diabetes mellitus (= Zuckerkrankheit) zu ihrem Namen. Auch heute wendet der Heilpraktiker die traditionelle Harnschau als diagnostisches Mittel an.
Niere – das Organ der Ausscheidung und Reinigung
Die zentralen Aufgaben der Niere sind die Entgiftung und die Aufrechterhaltung der Homoöstase. Neben der Lunge, dem Darm und der Haut gehören die Nieren in der Naturheilkunde zu den sogenannten Entgiftungsventilen. Vor allem bei Hautleiden und rheumatischen Erkrankungen kann eine Ausleitung über die Nieren den Krankheitsverlauf mildern. Sind die Nieren bereits erkrankt, erfolgt die Ausleitung über ein anderes Organ.
Frauen….
sind besonders gebaut und haben die Geschlechts und Ausscheidungsorgane eng beieinander. Über den Darm können sich Infektionen in die Vagina (Candida albicans), die Harnwege bis in die Harnblase ausbreiten (Escherichia coli). Gelangen Escherichia coli (E- Coli) Keime vom Darm in die Vagina, können sie Harnwegsentzündungen auslösen!
Auslöser für Harnwegsinfekte
Lassen sich meist über eine Urintest bestimmen. Zu den häufigsten gehören: Uropathogene Escherichia coli (70-85%), Klebsiellen, Proteus spp.,
Staphylokokken, Enterokokken, Chlamydien, Pilze, Candida albicans, Viren (selten), Protozoen (selten) und Mycoplasmen. Wichtig: Frauen mit zu wenig Laktobazillen und erhöhten anaeroben Keimen (Gardnerella vaginalis,
Mykoplasmen, Prevotella, Ureaplasma)…- erleiden öfters Fehl-oder Tot-Geburten- haben oft einen nicht erfüllten Kinderwunsch. Weitere Auslöser können sein: Östrogenmangel (Menopause, Pille, Magersucht…), Schwangerschaft, Stillzeit usw., Antibiotika-Einnahme, übertriebene Hygiene (veränderter pH-Wert), synthetische Wäsche, Stress und Ernährung ( zu viel Zucker).
Wir unterscheiden eine akute, unkomplizierte, aufsteigende, blande chronisch persistierende, chronisch-rezidivierende Cystitis. Die Niere kann in bis zu 30% „stumm“ durch Darmkeime beteiligt
Darmkeime. Folgende Symptome können auftreten: Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen), Pollakisurie (häufiges Wasserlassen), Dranginkontinenz und sie verläuft meistens fieberlos. Weitere Symptome können sein: Stetiger Harndrang, Brennen, Schmerzen beim Wasserlassen, unerwünschter Urinabgang, Juckreiz, Rötungen im Intimbereich, Ausfluss, Sekretausfluss, veränderter, fischiger Geruch, trüber Urin, geröteter Urin, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Bauchschmerzen, Flankenschmerzen…
Merke: interstitielle Zystitis = weinende Blase oder ungeweinte Tränen?
(Blasenentzündung ohne Bakterien)
Wodurch treten Harninfekte auf?
- Kalte Füße, kalte Sitzbank
- Nach Geschlechtsverkehr
- Hormonelle Veränderungen: nach Menopause, Menstruation, durch Einnahme der Pille, Schwangerschaft
- Geschwächtes Immunsystem, chronischer Stress
- Nach Thermenbesuch
- Escherichia coli, falsche Darmbesiedlung, Parasiten
- Falsche, übertriebene Hygiene
- Rauchen, zu viel Zucker, zu viele Kohlenhydrate in der
Ernährung - Diabetes mellitus
- Analgetika-Abusus (Schmerzmittelabusus)
- Antibiotika
- Dauerkatheterisierung
Flüssigkeitzufuhr
Um die Harnwege in ihrer Ausleitungsfunktion zu unterstützen, ist es wichtig, dass viel getrunken wird. Als generelle Vorgabe kann mit 30 ml pro kg Körpergewicht gerechnet werden. Dadurch werden die Nieren und die ableitenden Harnwege gut mit Flüssigkeit durchspült. Naben natrium- und mineralstoffarmen Quellwässern, fördern auch verschiedene Kräutertees die Ausscheidung. Im Gegensatz zu syntethisch hergestellten Medikamenten für die Ausscheidung (Diuretika), greifen Heilpflanzen nicht am Nephron an, sondern verstärken die Durchblutung und steigern so die Menge des Primärharns. Dementsprechend verursachen sie auch keine Verschiebungen in den Elektrolyten.
Basenüberschüssige Ernährung
Eine weitere Aufgabe der Niere ist die Aufrechterhaltung des Säure-Basen Haushaltes. Zucker und zuckerhaltige Produkte, Fleisch und Weißmehlprodukte sind stark säurehaltig. Ihr hoher Verzehr fordert von den Nieren eine Steigerung der Entgiftungsfunktion. Basenbildende Nahrungsmittel können dem entgegenwirken.
Folgende Lebensmittel sind Basenbildner:
- Gemüse wie Fenchel, Spinat, Porree, Schnittbohnen, Sauerampfer, Brunnenkresse, Rotkraut
- Salate wie Endivien, Kopfsalat, Freilandgurken, Radicchio, Feldsalat
- Knollen und Wurzelgemüse wie Kartoffeln, Karotten, Sellerie, Kohlrabi, Rote Beete, Meerrettich
- Früchte wie Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen, Heidelbeeren, Hagebutten, Rosinen, Mandarinen, Bananen, Zitronen, Apfelsinen, Preiselbeeren
- Kräuter und Gewürze wie Petersilie, Schnittlauch, Dill, Basilikum, Brunnenkresse, Meerrettich, Ingwer, Zimt
Die Niere und die Psyche
Als sensibles Entgiftungs- und Ausscheidungsorgan symbolisieren die Nieren, sich von nicht mehr Notwendigem zu trennen. Die Nieren sind paarig angelegt und werden den Bereich Partnerschaft und Beziehung und zwischenmenschlichen Beziehungen zugeordnet. Erfahrungsgemäß besteht oft eine Zusammenhang zwischen wiederkehrenden Harnwegsinfekten und unbewussten Partnerschaftskonflikten. Daher ist eine psychologische Begleitung oft ein Bestandteil des ganzheitlichen Therapiekonzeptes.
Naturheilkundliche Therapie bei Harnwegsinfekten
Ernährungstherapie
Vermeidung von schleimhautreizenden Nahrungs- und Genussmitteln wie Kaffee, Alkohol und scharfe Gewürze, ebenso Fleisch und Wurst, da sie den PH Wert verändern.
Bevorzugen von Vollwerternährung, Weglassen von Zucker und Weißmehlprodukten, stattdessen Einbau von Basenbildnern. Täglich ein Glas frische Gemüsebrühe trinken
Mikrobiomtherapie
Während sich in der Darmflora vor allem Firmicutes, Bacteroidetes, Proteobacteria und Actinobacteria tummeln, bei einem idealen pH Wert von max. 6,5, sollten in der Vaginalflora vorwiegend Lactobazillen, Döderlein-Bakterien zu finden sein. Der pH Wert sollte max. 3,8-4,4 betragen, denn ein saures Milieu bietet einen Schutz vor Scheideninfektionen. Dafür sind rechtsdrehende Milchsäurebakterien und Zink freundliche Helfer.
- Aufbau der vaginalen Flora mit Lactobazillen oder Bifidobakterien. Günstig sind auch gesäuerte Lebensmittel wie Kefir oder fermentiertes Gemüse. Die Mikrobiomtherapie erfolgt nach Stuhlbefund und einer Symptomatik.
Wodurch dann das Milieu der Scheide kippen?
Durch zu viele pathogene Keime, zu wenige Laktobazillen oder Toxine erhöht sich der pH Wert der Scheide auf über 4,5. Die Folge sind Harnwegsinfekte, Candidosen und bakterielle Vaginosen. der pH Wert verändert sich allerdings auch durch Antibiotika, aggressive Waschlösungen
und Hormonschwankungen (Wechseljahre)
- Spülen der Blase und Nieren über genügend Flüssigkeit. Es eignen sich besonders Birkenblätter (Betula pendula), die echte Goldrute (Solidarität virgaurea) , die kanadische Goldruthe (Solidago canadensis), Brennesselblätter (Urtica dioica), Ackerschachtelhalmkraut (Equisetium arvense). Löwenzahnblätter ( Taraxum officinale) und die dornige Hauhechelwurzel. Bärentraubenblättertee (Arctostaphylus uva-ursi) wirkt antibakteriell und kann gut zur Nachbehandlung eingesetzt werden. Auch die Kapuzinerkresse und die Meerrettichwurzel eignet sich dazu.
- Einnahme von Cranberrysaft bei den ersten Krankheitszeichen. Cranberries stammen aus Amerika und sind mit den Preiselbeeren verwandt. Es sind Antioxidantien, wirken positiv auf Harnwege, enthalten Proanthocyanidine Typ A, beugen regelmäßig wiederkehrenden Blasenentzündungen vor, wirken entzündungshemmend, hemmen das Wachstum von Mikroorganismen, hindern Escherichia coli-Bakterien und Helicobacter pylori sich anzuheften und verbessern die Gefäßfunktionen.
- Auch Natural D- Mannose aus Birkenrinde bindet die Fimbrien der Bakterien, sodass sie keine Entzündungen mehr auslösen können. Es handelt sich dabei um eine Zuckerart, die mit dem Urin ausgeschieden wird und Escherichia coli Bakterien an sich binden kann.
- Es eignet sich auch der Saft der Aroniabeere. Unterstützend oder vorbeugend kann folgendes Rezept für einen Meerrettichhonig eingenommen werden: 20 g fein geriebene Meerrettichwurzel mit 20 g Honig vermengen und mehrmals täglich einen Teelöffel davon einnehmen.
- Zimt (Zimtextrakt): Schützt und entlastet die Nieren, wirkt antibakteriell, antimykotisch und antiviral, hilft bei Harnwegsinfekten, wärmt die Seele und beeinflusst den Blutzuckerspiegel positiv
- Achten auf Partnerschaftsprobleme oder besondere sexuelle Vorlieben
- Abklären einer Darmdybiose
- warme Sitzbäder und feucht- warme Unterbauchauflagen, da sie schmerzlindernd und durchblutungsfördernd wirken
- ansteigende Fußbäder mit Ackerschachtelhalmkraut, wenn man zu kalten Füßen neigt
- im beschwerdefreien Intervall Wechselduschen, Sauna und viel Bewegung an der frischen Luft
- Achte auf warme Füße und warme Kleidung!
- Beckenbodentraining
- Zeit nehmen für den Toilettengang
- auf zu enge oder schwarze Unterwäsche verzichten (keine String- Tangas!)
Unterstützung Fußreflexzonenmassage
Diese Zonen sind die Nieren und Harnwegszonen, die du unterstützend täglich morgens massieren kannst. Bitte nicht abends, da sie die Nierenaktivität steigert und du öfters zur Toilette musst. Massiere die Zonen mit einem leichten Druck im Uhrzeigersinn und verwende dazu ein gutes Johanniskrautöl.


Unterstützung durch Schüssler Salze
- Biochemie Nr. 8 Natrium chloratum
- Biochemie Nr. 9 Natrium phosphoricum
Psychosomatischer Blick
“ Ich bin wütend, aber ich kann es nicht ausdrücken!“
Themen immer wiederkehrender Blasenentzündungen sind Intimität, Sexualität, Fortpflanzung und Loslassen.
Seelische Themen: Zugang zur eigenen Sexualität, geben und empfangen in Beziehungen, Urvertrauen und Geborgenheit, Angst vor Kontrollverlust oder Verschmelzung, Kreativität, Fruchtbarkeit auf körperlicher und seelischer Ebene.
Harnwegsentzündungen stehen für Probleme mit Loslassen, Grenzsetzung und der emotionalen Reinigung.
Folgende Fragen können dir helfen:
Ebene der Psyche:
- Welche Ängste habe ich in Bezug auf Nähe, Sexualität oder Intimität?
- Erlaube ich mir, Lust und Freude in meiner Sexualität zu empfinden, oder spüre ich Blockaden?
- Gibt es Situationen, in denen ich mich schnell verletzt oder wütend fühle und die nicht ausdrücken kann (Das ist ein Thema vor allem bei immer wiederkehrenden Blasenentzündungen)
- Fühle ich mich generell geborgen und sicher in meinem Leben?
- Wie leicht oder schwer fällt es mir, mich emotional oder sexuell hinzugeben?
- Welche Scham oder Schuldgefühle prägen mein Verhältnis zu meinem Körper?
- Erlebe ich einen Mangel an Kreativität oder Lebenslust (vor allem bei Libidoverlust)
- Was hindert mich daran, mich auf tiefe Beziehungen einzulassen – Kontrolle oder habe ich Angst vor Verletzungen?
- Habe ich das Gefühl, alles festhalten oder kontrollieren zu müssen (vor allem bei Inkontinenz)
- Wo bin ich momentan zu hart oder zu unnachgiebig mit mir selbst? (vor allem bei Nierensteinen)
- Wie gehe ich mit meinem eigenen Bedürfnis nach Geborgenheit und Vertrauen um?
- Welchen Raum gebe ich meiner schöpferischen und sinnlichen Seite?
Eine Untersuchung der Urologischen Universitätsklinik Frankfurt zum Einfluss psychosozialer Faktoren auf das Krankheitsgeschehen der interstitiellen Zystitis (IC) ergab bei IC-Patienten u. a. eine erhöhte Inzidenz wichtiger Kindheitsbelastungsfaktoren, wie schlechte emotionale Bindung an die Eltern, chronische Erkrankung eines Elternteils und körperliche Misshandlung. Andere Autoren fanden bei IC-Patienten eine erhöhte Rate (49 %) von sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt in der Vorgeschichte (Berberich, 2022)
Quelle:
Bierbach (2024) Naturheilpraxis heute, S: 759- 761, 7. Auflage
Berberich (2022) Psychosomatische urologische Störungsbilder, Springermedizin, einsehbar unter:
Psychosomatische urologische Störungsbilder – Die Urologie – eMedpedia | springermedizin.de


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